Hormon- und Zykluswissen

Blasenentzündung, Hormone, Symptome, Ursachen, Tipps & Hausmittel

Chronische Blasenentzündungen

- Autorin: Melanie Dell’Oro

 

Autsch - es ziept und brennt beim Wasserlassen und dann musst du auch noch alle paar Minuten auf’s Klo rennen? Herzliches Beileid, vermutlich hast du eine Blasenentzündung. Die kommt recht schnell mal vorbei und wenn alles gut geht, dann geht sie auch schnell wieder. Aber wusstest du, dass so eine Zystitis auch chronisch werden kann? Alles was du wissen musst zum Thema Harnwegsinfekte, wie du sie vermeidest, behandelst und was das alles schon wieder mit der Anti-Baby-Pille zu tun hat, haben wir dir in diesem Artikel zusammengefasst.

Blasenentzündung, Tipps, Ursachen, Symptome

Akut, chronisch oder gereizt?

Zunächst kann man sagen: Beinahe jede Frau* wird in ihrem Leben mal eine Blasenentzündung durchstehen müssen. Der weibliche Urogenitaltrakt ist deutlich kürzer als der männliche und dazu befindet er sich auch noch in unmittelbarer Nähe zum Darmausgang. Darmbakterien verirren sich also schnell mal in den Vaginalbereich. Normalerweise haben wir hier eine wehrhafte Scheidenflora, die durch ihren sauren pH-Wert das Eindringen und Überleben der Bakterien sehr erschwert. Die Flora besteht zu großen Teilen aus Lactobacillen, die ein von den Vaginalzellen gebildetes Glukogen zu Milchsäure fermentieren. Verschiedene Faktoren ermöglichen den Bakterien aber leider doch ab und zu, in die Harnröhre aufzusteigen.

Können die Bakterien sich in der Harnblase ansiedeln, verursachen sie eine akute Entzündung, wir sprechen von einem akuten Harnwegsinfekt (HWI). Solche Infekte haben gute Chancen ohne medikamentöse Behandlung wieder auszuheilen. 

Nicht selten kommt es aber zu einer Reinfektion, also zu einem erneuten Befall mit Krankheitserregern. Leidet man mehr als 2 mal pro Halbjahr oder mehr als 3 mal pro Jahr an einem Harnwegsinfekt, spricht man dann von einer chronischen oder wiederkehrenden Blasenentzündung.

Abgrenzen von einer bakteriellen Blasenentzündungen kann man die Reizblase, also eine überaktive Blase, die mit häufigem Wasserlassen einhergeht, und die interstitielle Zystitis, einer Entzündung der Blasenschleimhaut, die nicht durch Bakterien verursacht, sehr selten und deren Ursache noch weitgehend unklar ist. 

Brennen, Krämpfe und Tröpfelurin - Aber warum?

Ist die Blase mit entzündungsauslösenden Bakterien besiedelt, dann treten die typischen Symptome eines HWIs auf: Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen, dazu Krämpfe im Unterbauch, häufige Toilettengänge, bei denen der Urin aber meistens nur tröpfelnd entleert werden kann und u.U. erhöhte Temperatur. Der Urin ist trüb und kann stark riechen. 

Diese Symptome sind sowohl bei der akuten als auch der chronischen Blasenentzündung typisch. 

Die Ursachen für eine akute Blasenentzündung sind vielfältig: manchmal reicht es schon, dass man zu wenig trinkt, damit sich Bakterien festsetzen können. Auch Unterkühlungen im Genitalbereich, z.B. wenn man auf kalten Steinen sitzt oder nasse Badebekleidung nicht wechselt (“Badehosen-Zystitis”), Geschlechtsverkehr (“Honeymoon-Zystitis”) oder falsche Intimhygiene, die die Scheidenflora stört, erhöhen die Gefahr für eine bakterielle Entzündung. Auch Grunderkrankungen wie Diabetes, verengte Harnwege, gynäkologische Erkrankungen und Infektionen, Blasenfunktionsstörungen, Inkontinenz, Nieren-/Blasensteine oder insgesamt eine geschwächte Immunabwehr (z.B. durch Stress), erhöhen das Risiko für häufige Blaseninfekte. 

Werden solche Infekte nicht richtig auskuriert oder Fehler in der Anwendung von Antibiotika gemacht (z.B. wird das Antibiotikum nicht aufgebraucht oder werden zu schnell und häufig Antibiotika eingenommen), so können zurückgebliebene oder sogar resistente  Bakterien zu einer erneuten Infektion führen. Umso häufiger die Blasenschleimhaut entzündet ist, desto anfälliger und durchlässiger ist sie, desto besser können Bakterien eindringen, desto häufiger kommt es zu Infektion, desto anfälliger und…

Echt jetzt? Schon wieder die Pille?

Nun gibt es sicherlich nicht wenige Frauen*, die all diese Risikofaktoren kennen, sich angemessen verhalten und trotzdem regelmäßig mit Tee und Wärmflasche auf der Toilette hocken. Hier kommt mal wieder die Anti-Baby-Pille und ein Chaos im Hormonsystem ins Spiel. Es ist bekannt, dass der Urogenitaltrakt in Phasen der hormonellen Umstellung, wie sie im großen z.B. während der Pubertät oder der Menopause und im kleinen im monatlichen Menstruationszyklus stattfinden, anfälliger für bakterielle Infektionen ist. Solche Hormonschwankungen verursacht man aber leider auch künstlich durch die Einnahme der Pille. Durch das Zuführen von Östrogenen und dem Eingriff in das natürliche Hormongleichgewicht, kann es paradoxerweise zu einem Östrogenmangel kommen. Ein Symptom des Östrogenmangels sind trockene Schleimhäute. Ohne die Schutzschicht können Bakterien nicht abgewehrt werden und durch die ständige Reizung werden die Zellen anfälliger. Außerdem verringern die Zellen die Bildung von Glykogen, der Säureschutzmantel schwindet dahin. Untersuchungen haben gezeigt, dass durch mangelndes Östrogen insgesamt auch die Keimbelastung und Infektanfälligkeit der Blase steigt. Durch Beobachtungen von postmenopausalen Frauen* mit Reizblase hat sich gezeigt, dass sich unter Östrogenmangel die Zusammensetzung der Scheiden- und Blasenflora verändert. Durch eine Therapie mit Östrogenen konnte man diese wieder in Richtung der gesundheitsförderlichen Lactobacillen verschieben.

Hormontherapie als einzige Alternative? Da kennt ihr uns doch besser!

Und somit wären wir auch schon bei den Therapiemöglichkeiten angelangt. Befasst man sich nicht sehr lang mit der Materie, könnte man zu dem Schluss kommen, dass eine medikamentöse Therapie der chronischen Blasenentzündung mit künstlichen Hormonen bei einem Östrogenmangel unausweichlich ist. Diese werden oft als Vaginalcremes oder Zäpfchen angeboten und sollen den Östrogenspiegel lokal wieder anheben. Tatsächlich werden damit auch gute Erfolge erzielt, aber nachhaltig ist das nicht besonders, oder? Nachhaltiger wäre es, sich nach einer anderen Verhütungsmethode umzusehen, die nicht in den Hormonhaushalt eingreift und alles durcheinander schmeißt. Heißt: Pille absetzen. Auch Lebensmittel, die pflanzliche Östrogene enthalten, können uns unterstützen, den Hormonhaushalt wieder in Ordnung zu bringen. Besonders empfehlenswert sind hier Hülsenfrüchte wie Soja und andere Bohnen, aber auch Leinsamen. 

Um der Vaginalflora schnell wieder auf die Sprünge zu helfen, kann man ihr mit Probiotika (also der direkten Zufuhr von nützlichen Bakterien, zumeist Lactobacillen) unterstützend unter die Arme greifen. Und sogar bestimmte Lebensmittel können das Risiko für HWIs verringern: Cranberry, Preisel- und Blaubeere, Äpfel und auch Pfirsiche enthalten den Zucker D-Mannose, der ein Anheften von Bakterien im Urogenitaltrakt verhindern soll. Ingwer wirkt antientzündlich und antibakteriell. Kürbiskerne und Stangensellerie wirken nicht nur antibakteriell, sondern auch harntreibend, unterstützen also das Ausschwemmen von Bakterien aus den Harnwegen. Wer es mag, kann auch Apfelessig vorbeugend einnehmen. Für diese Kur einfach täglich ein Glas Wasser mit einem Esslöffel Apfelessig trinken. Apfelessig wirkt natürlich antibiotisch, er unterstützt die Nierenfunktion und stärkt das Immunsystem. Eine Vitamin C-reiche Ernährung unterstützt das Immunsystem und macht die Zellen widerstandsfähiger gegen Krankheitserreger.

Woran man nicht immer gleich denkt

Es gibt auch Verhaltensweisen, die die Entstehung von HWIs negativ beeinflussen. So kann zum Beispiel eine übertriebene Intimhygiene mit zu häufigem Waschen unter der Verwendung von starken und parfümierten Seifen und zu heißem Wasser das sensible Gleichgewicht der Vaginalflora stören und die Schleimhäute reizen. Reduziere dich lieber auf warmes Wasser, alles andere sollte dein Freundin Flora für dich regeln.

Es klingt vielleicht selbstverständlich, ist es aber nicht: die Wischrichtung machts. Beim Toilettengang sollte man immer von der Vagina nach hinten Richtung Anus abwischen. So vermeidet man das Verschleppen von Darmbakterien in die Vagina.

Nein, nicht auch noch die schönste Nebensache der Welt? Doch, auch hier gibt es etwas zu beachten. Am besten gehst du nämlich nach dem Sex ganz schnell auf die Toilette, entleerst deine Blase und spülst damit potentiell eingedrungene Bakterien gleich mit raus. Klingt unromantisch, ist aber extrem effektiv. Übrigens helfen auch Kondome hier nicht als Schutz, Bakterien können trotzdem in die Vagina gelangen. Und auf Scheidendiaphragmen mit  Spermiziden als Empfängisverhütung solltest du besser auch verzichten. Deren Wirkungsprinzip basiert nämlich leider darauf, die Scheidenflora zu verändern, was zum einen die Spermien funktionsunfähig machen soll, zum anderen aber auch das sensible Gleichgewicht stört.

Und wenn es nun doch brennt und drückt?

Tipps und Hausmittel bei Blasenentzündungen

 

Dann kannst du dir mit folgenden Tipps Erste-Hilfe leisten:

  • Cranberry-Saft: die Forschung ist sich hier noch nicht einig, aber manchen Frauen hilft er (alternativ auch Preisel- oder Blaubeersaft). Die enthaltene D-Mannose soll die Anheftung der Bakterien an die Blasenschleimhaut verhindern.
  • Viel trinken: mindestens 2 Liter Wasser oder Kräuter- und Früchtetee sollten es bei akuten Symptomen sein. Super funktioniert hier natürlich auch wieder Ingwertee oder alle Tees aus den Heilpflanzen, die bei Blasenentzündung eingesetzt werden können.
  • Heilpflanzen: krampflösend und antientzündlich wirken Goldrute, Rosmarin und Katzenbartblätter. Als pflanzliche Antibiotika kennt man Bärentraubenblätter, Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse. Die Ausscheidung unterstützen Brennnessel, Birke, Schachtelhalm, Tausendgüldenkraut, Wacholderbeeren und Liebstöckel. Alle diese Pflanzen kannst du natürlich präventiv in deine Ernährung einbauen. Im Akutfall kannst du sie als Tees trinken (viele der Kräuter sind auch in Blasentees enthalten) oder du lässt dich in der Apotheke bezüglich Fertigpräparaten mit getrockneten Pflanzenteilen beraten.
  • D-Mannose: Den Zucker, der die Anheftung der Bakterien an die Schleimhäute verhindern soll, gibt es auch als Präparat in der Apotheke zu kaufen. Die Hersteller versprechen schnelle Besserungen.
  • Apfelessig-Kur: während der Infektion 3x täglich ein Glas Wasser mit 1 EL Apfelessig trinken
  • Viel Wärme: Eine Wärmflasche oder ein Nierenschal sind deine besten Freunde in der akuten Phase. Sie wirken entkrampfend und der unangenehme Druck lässt sich mit einer zwischen die Beine geklemmten Wärmflasche auch besser aushalten.
  • Ruhe: Wir können nur immer wieder betonen wie wichtig es ist, bei Unwohlsein und Kranksein auf die Körpersignale zu achten und sich Ruhe zu gönnen. 

Achtung, alles hat seine Grenzen!

Es lohnt sich durchaus zu versuchen, die Blasenentzündung mit Hausmittelchen und natürlichen Präparaten zu behandeln. Antibiotika haben nämlich viele Nebenwirkungen. Oftmals klappt das auch. Solltest du aber nach 3 Tagen keine Besserung verspüren, sich dein Befinden verschlechtern, dein Fieber ansteigen oder du sogar Blut im Urin oder Nierenschmerzen haben, dann ist Schluss mit Experimenten, dann heißt es schnell ab zum Arzt oder zur Ärztin! Aus einem mehr oder weniger harmlosen Harnwegsinfekt kann dann nämlich doch auch eine lebensbedrohliche NIerenbeckenentzündung werden.

 

Quellen
Wang, J. W. Symington, E. Ma, B. Cao, und I. U. Mysorekar, „Estrogenic Modulation of Uropathogenic Escherichia coli Infection Pathogenesis in a Murine Menopause Model“, Infection and Immunity, Bd. 81, Nr. 3, S. 733–739, März 2013.
Östrogengabe: Thomas-White, K. et al. Vaginal estrogen therapy is associated with increased Lactobacillus in the urine of postmenopausal women with overactive bladder symptoms. Am J Obstet Gynecol.2020 Nov;223(5):727.e1-727.e11.
Jung C., Brubaker, L. The etiology and managment of recurrent urinary tract infections in postmenopausal women. Climacteric. 2019 Jun; 22(3): 242-249.
https://www.canephron.de/krankheitsbilder, abgerufen am 10.9.21